Botanischen Konzerte:
400 Zuhörer lauschen Jean Faure und seinem erstklassigen Orchester

 

Wer aus dem Publikum bereits wusste, dass der französische Sänger Jean Faure mit seinem Orchester schon einmal in Gießen war und mit seinen Chansons seine Zuhörer restlos begeistert hatte, wunderte sich nicht über den Riesenandrang zu dieser Veranstaltung im Rahmen der Botanischen Konzerte der Justus-Liebig-Universität.

Ein echtes Phänomen. Sonntagmorgen, 11 Uhr, gefühlte zehn Grad. Wer will bei diesem Wetter zu einem Konzert in den Botanischen Garten? Vielleicht 20 bis 30 Musikenthusiasten? Die anderen werden sich lieber im Bett noch einmal umdrehen oder eine zweite Tasse Kaffee nachschenken, wie gewohnt. („Comme d‘habitude“, einer der umjubelten Liedtitel). Doch entgegen der sonntäglichen Gewohnheiten raffte sich mancher auf, um den angekündigten Musikgenuss nicht zu verpassen. Zum Schluss waren es 300 bis 400 Menschen, die vor der Bühne in Deutschlands ältestem Universitätsgarten zusammen gekommen waren.

Es ist ein traumhafter Morgen, entspannt und ein wenig melancholisch, wie die französischen Chansons eben so daher kommen, eingebettet ins Grün jahrhundertealter Bäume. Das Publikum ließ sich hinreißen, die Kinder machten große Augen und lauschten ebenso still wie ihre Eltern oder Großeltern. „Le Jazz et la Java“: Mit diesem Chanson beginnt Faure sein aktuelles Programm. Eine kleine Geschichte über die Hörgewohnheiten in Frankreich: Als der Jazz Frankreich erobert, verdrängte er unter anderem die Java, einen schnellen, in kleinen Schritten getanzten und in Paris sehr populären Walzer.

Jean Faure hat nicht nur eine ausdrucksstarke Stimme mit wohl klingendem Timbre, er weiß auch zwischen den Liedern das Publikum bestens zu unterhalten und ein bisschen Hintergrund zu den einzelnen Chansons aufleben zu lassen. Der französische Chansonnier ist im südfranzösischen Gap an der Route Napoleon geboren, lebt aber schon lange Jahre in Bonn und arbeitet zudem als Übersetzer, beherrscht also die deutsche Sprache inzwischen in all ihren Feinheiten.

Sein Repertoire an Chansons ist umfassend: Da stehen unbekannte Lieder neben Klassikern der 50er und 60er Jahre. „Et Maintenant“ von Gilbert Becaud ist zu hören, „La chanson des vieux amants“ des legendären Jaques Brel, Melodien des ebenso bekannten Georges Moustaki. Einige der älteren Semester werden sich auch an Barbara und ihr Lied „Göttingen“ erinnern können. Mit dem deutsch-französischen „Berlin s‘éveille“ stellt Faure auch ein eigenes Lied vor aus der Zeit des deutschen Mauerfalls. Und mit „Le déserteur“ von Boris Vian schließlich kam auch ein politisches Lied aus der jüngeren Vergangenheit zu Gehör.

Fünf erstklassige Musiker begleiteten den Chansonnier mit Musikalität und Temperament: Matthias Höhn (Saxophon, Ukulele, Akkordeon), Hedayet Djeddikar (Piano), Kristaps Grasis (Gitarre, Mandoline), Markus Quabeck (Bass) und neu dabei Dirk Ferdinand an den Drums.

Auch diesmal waren die Zuhörer wieder hingerissen von den französischen Klängen und erklatschten sich noch zwei Zugaben. Wie wär‘ es mit einer Neuauflage im nächsten Jahr?

Gießener Anzeiger     05.07.2011

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